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Willkommen zum Newsletter des Metatheorie-Portals!
Unser Schwerpunkt im Oktober: Organisationsberatung. Wir fragen warum Management-Moden nicht immer veränderungswirksam sind, was die Metatheorie für die Beratung leisten kann - und warum es wichtig ist, das eigene Denken bewusst zu reflektieren.
- Neu: Leitprozesse für Organisationen
- Organisationsberatung: One fits all?
- Investition: Arbeit am Mindset
- Review: Das Metatheorie-Portal in der Presse
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1. Neu: Leitprozesse für Organisationen
Was ist überhaupt eine Organisation - und wie kann man sie gut beraten? Im Verständnis der Metatheorie besteht eine Organisation weder aus dem Haus, das sie bewohnt, noch aus den Menschen, die für sie arbeiten. Sie konstituiert sich stattdessen aus Kommunikationsprozessen über ständig notwendige Entscheidungen. Dieser Blick auf Organisationen entstammt der Theorie von Niklas Luhmann - und hat weitreichende Konsequenzen für die Beratung. Ein guter Berater muss in der Lage sein zu beobachten und zu analysieren, wie Kommunikation gestaltet wird, welche wiederkehrenden Muster sich ausbilden, ob diese funktional oder dysfunktional sind und über welche Reize man Veränderungen anstoßen kann. Um das leisten zu können, braucht er einen Überblick über die relevanten Kommunikations- und Entscheidungsprozesse und muss einen Fokus für seine Wahrnehmung finden. Die neun "Leitprozesse für Organisationen" der Metatheorie helfen dabei. Sie machen deutlich, in welchen Dimensionen Organisationen explizit oder implizit Entscheidungen treffen. In der Dimension der Zeit finden sich zum Beispiel Entscheidungsprozesse bzgl. der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft (z.B. an welcher Stelle wollen wir mit Blick auf das Morgen Gefahren in Kauf nehmen, an welcher aktiv Risiko tragen?). In der Dimension des Sozialen geht es z.B. darum wie die soziale Komplexität gestaltet wird (wo wollen wir Vertrauen schenken, wo üben wir Kontrolle aus?), aber auch um die Frage wo und wie Entscheidungen getroffen werden (wen wollen wir in welcher Form beteiligen?) und wie die Prozesse rund um das Thema Personal strukturiert werden. In der Sachdimension geht es um alle Entscheidungsprozesse rund um Qualität, den Grad der gewünschten Vernetzung und darum, ob sich die Organisation an der äußeren oder inneren Umwelt orientiert. Alle Leitprozesse sind bereits mit grundlegenden Erläuterungen online. Weitere Vernetzungen mit relevanten Begriffen erfolgt kontinuierlich bis Ende 2017 (ke/kib).
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2. Organisationsberatung: One fits all?
Konzerne sollen von Start-ups lernen. Gehälter haben transparent zu sein. Mehr Demokratie ist besser als Hierarchie und agile Prozesse sollten das ganze Unternehmen durchziehen. Was auf Managementtagungen, in Magazinen und Büchern nach einer Revolution klingt, ist in Bezug auf das Denken dahinter oft alles andere als revolutionär. Denn die Idee von "Best Practise" und grundsätzlich "richtigen oder falschen" Organisationsmodellen selbst ist alt. Dahinter steckt ein Paradigma aus klassisch methodisch orientierter Beratung: Ein rational begründetes Modell verspricht eindeutige und verlässliche Effekte in der Zukunft. So wie gestern "Command and Control"-Systeme das Nonplusultra waren, sind es für einige Berater heute selbstorganisierte Unternehmenskooperativen. Die Evangelisten neuer Organisationsformen übersehen dabei dreierlei: Für einige Organisationen mögen Konzepte wie z.B. Holacracy, Theorie U oder Kotters 'Duale Organisation' hilfreich sein, für andere sind sie falsch. Für beides gibt es Beispielfälle. Zweitens kann kein Konzept ein Konzept dafür haben, wann es wieder aufgegeben werden sollte. Konzepte drohen sich also zu verselbstständigen. Siehe zu diesem Punkt auch die lesenswerte Kritik von Stephan Kühl an der Theorie U von Otto Scharmer - auch wenn sie an manchen Stellen mit ihrer Polemik über das Ziel hinausschießt. Drittens fokussieren solche Managementkonzepte meist nur auf einen Teil der organisationalen Leitprozesse. Damit machen sie sich blind für die Folgen ihrer Empfehlungen in den anderen, vernachlässigten Entscheidungsbereichen.
Somit bleibt nur eines übrig - spezifische und hochindividualisierte Beratung. Diese ist nicht in Kategorien von richtig oder falsch unterwegs, sondern untersucht, welche Prozesse in welchem Kontext für die jeweilige Organisation und ihre Umwelten wie z.B. die Mitarbeiter funktional und welche nicht funktional sind. Tony Hsieh, CEO von Zappos, der in seinem Unternehmen Holocracy eingeführt hat, wusste das. Er überließ seinen Angestellten die Entscheidung, ob sie den Weg in eine neue, nach dem Holocracy-Prinzip sehr demokratisch gestaltete Organisation mitgehen wollten. 18 Prozent entschieden sich dagegen. Für sie war die neue Welt nicht das passende Modell (mehr dazu im Harvard Business Manager). Was man daraus lernen kann? Kein Modell ist per se richtig, es gilt daher die Hoffnung auf allgemeingültige „Ideale“ aufzugeben und differenziert hinzuschauen, welche funktionalen und dysfunktionalen Folgen von einer Neustrukturierung zu erwarten sind (kib/ke).
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3. Investition: Arbeit am Mindset
"Was sollen wir tun?", lautet die Standardfrage von Unternehmen in der Transformation. Anders denken lernen, lautet immer öfter die Antwort. Von "Haltungskompetenz" ist dann die Rede oder von einem neuen "Mindset", das transformiert werden muss. Damit ist der Blick auf unser Denken in den Mittelpunkt gerückt. „Warum wir nicht tun was wir für richtig halten – Über die Macht tradierten Denkens“ betitelte so auch das Denkwerk Zukunft seine Konferenz im Oktober 2016. Welche mentalen Prägungen stehen nachhaltigem Handeln entgegen, lautete eine der zentralen Fragen, und: Gibt es alternative Denkansätze, die wir nutzen können? Auch zwei neu erschienene Bücher beschäftigen sich mit dem Thema Denken: "The Outward Mindset" wirbt damit, mit einem Shift im Mindset die zentrale Veränderung überhaupt herbeizuführen, die dann die Leistung steigert, Kollaboration fördert und Innovation beschleunigt (Juni 2016). Das eigene Denken unter die Lupe nehmen will auch „Grow: Change Your Mindset, Change Your Life“ . Das Buch verspricht praktische Tipps um das eigene Denken bewusst zu managen. Denkmuster und Glaubenssätze sollen in ihrer Wirkung im Alltag identifiziert und verändert werden. Genug Abstand zum eigenen Mindset zu bekommen, um möglicherweise über ein „Update“ Denkens angemessen auf neue Anforderungen aus Märkten und Umwelten reagieren zu können, macht auch für uns jede Menge Sinn. Der metatheoretische Ansatz schafft dafür Raum: Wenn Menschen wie Organisationen Systeme sind, die aus einem Bündel von Prozessen bestehen, können sie ihre Fähigkeit nutzen, dysfunktional gewordene Muster neu einzustellen (kib/ke).
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4. Review: Das Metatheorie-Portal in der Kritik
In der September-Ausgabe von "Wirtschaft und Weiterbildung" hat Martin Pichler das Metatheorie-Portal unter die Lupe genommen. Er schreibt: "...die Attraktivität des „Metatheorie-Tools“ liegt in der Art, wie es zum Lernen anregt: Das assoziative Vorgehen ist ausgesprochen sinnvoll, wenn man sich Zusammenhänge selbst erschließen und aneignen will, statt sich wie in der Schule merken zu wollen, was man gerade gelesen hat. Jeder Berater oder Coach kann so seine Fähigkeit trainieren, in einer Beratungssituation intuitiv vorzugehen statt sich an „Regeln“ zu orientieren". (Hier der komplette Artikel als PDF).
Prof. Oliver Jahraus, Herausgeber des Luhmann-Handbuchs, sagt:
"Ich bin sehr beeindruckt von dem Tool! Ein zentrales Prinzip des Konstruktivismus lautet: „Alles, was beobachtet wird, wird von einem Beobachter beobachtet." Klaus Eidenschink setzt dieses Beobachtungstheorem konsequent um. Er bietet Vorschläge, wie Beratungsituationen so beobachtet werden können, dass man sie umfassend wahrnimmt und einem dabei passende Interventionen in den Sinn kommen. Die Seite lädt dazu ein, einen Begriff auszuwählen und zu beobachten, wie ihm andere Begriffe zugeordnet werden. Diese Zuordnung der Begriffe ändert sich, wenn ein neuer Versuch gestartet wird. Eine andere Kontextualisierung führt zu anderen Texten, weil Text und Kontext selbst immer nur relationale Begriffe sind. So lernt man assoziativ. Es gilt: „The Medium is the message!" Die Darstellungsmöglichkeiten des Internets werden geschickt genutzt, um dem User klarzumachen, dass er sich auf einem höchst individuellen Weg durch ein Geflecht an Informationen und Denkanstößen befindet. Die Aneignung von Eidenschinks „Metatheorie der Veränderung“ findet in einem Lernprozess statt, der Wissenszusammenhänge beobachtet und der sich aber auch selbst als Lernprozess wahrnimmt. Ich glaube, das muss man umso ernster nehmen, je länger und intensiver man die Seite nutzt. Es verwischen die Grenzen zwischen „anderes“ sehen und „anders“ sehen."
Es macht Freude, wenn jemand so gekonnt die eigenen Intentionen sprachlich aufgreifen und wiedergeben kann.
Im aktuellen Coachingmagazin findet sich eine Einführung in die Leitprozesse der Psychodynamik (Seite 20-26). Hier der Link zum kostenlosen Download (ke).
Wer wissen möchte wie Berater die Metatheorie für ihre Arbeit nutzen, kann sich mit den ersten beiden Praxisfälle zur Organisationsdynamik auseinandersetzen. Weitere folgen in den nächsten Monaten.
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Viel Spass beim "Anders-Sehen" und dem Beobachten des Beobachters wünschen Kirsten Brühl (kib) und Klaus Eidenschink (ke).
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