Die Nebentätigkeit von Philipp Amthor für die US-Firma Augustus Intelligence sorgte im politischen Berlin für Aufregung. Viele Medien griffen die Recherche von
Der Spiegel auf, Politikerinnern und Politiker aller Parteien äußerten sich, das Thema hielt sich über eine Woche hinweg auf prominenten Sendeplätzen.
Ich finde den Kontrast auffällig zur Reaktion auf die Weingeschenke des Rüstungslobbyisten und Waffenhändlers Ahmad El Husseini an Frank-Walter Steinmeier, die wir im vergangenen September aufdeckten. Damals meldete sich ein Politiker der Grünen zu Wort – sonst schwieg Berlin. Von unseren Recherchepartnern
Stern und
Frontal21 abgesehen griffen andere Medien die Geschichte nicht weiter auf.
Wie ist dieser Unterschied zu erklären? Schließlich war Steinmeier zur Zeit der Weingeschenke Außenminister und genehmigte in diesem Amt Rüstungsgeschäfte, von denen der Lobbyist El Husseini wiederum profitierte. Aufgrund seines Amts steht zudem ein Verstoß gegen das Ministergesetz im Raum – Steinmeier hatte die Geschenke nicht angemeldet.
Ich glaube, dass die verhaltene Reaktion auf unsere Steinmeier-Recherche drei Gründe hatte. Erstens griff die AfD die Recherche sofort auf, vermutlich dankbar für jede Ablenkung von ihrem eigenen Parteispendenskandal. Andere Parteien dürften daraufhin gezögert haben, auf den Zug aufzuspringen. Zweitens: Es fehlen Fakten. Wir dokumentierten lediglich die Bestelllisten aus dem Luxuskaufhaus KaDeWe – und haben aber Grund zur Annahme, dass die Weine im Abgeordnetenbüro von Steinmeier auch ankamen. Drittens ist Steinmeier inzwischen Bundespräsident, womit Medien durchaus eine höhere Schwelle an Kritik anlegen.
Amthor hingegen ist ein aufstrebender Jungpolitiker, dem viele eine große Karriere zutrauen, der aber auch in den sozialen Medien schon vor der Affäre polarisierte und damit Aufmerksamkeit auf sich zog. Zudem liegen die Fakten über seine Nebentätigkeit durch die Recherche von
Der Spiegel auf dem Tisch.
Durch die Amthor-Affäre hat die CDU/CSU ihren Widerstand gegen ein Lobbyregister wohl aufgegeben. Doch Amthor ist keine Lobbyaffäre – oder nicht nur. Es geht,
wie Abgeordnetenwatch in diesem Beitrag deutlich macht, wieder einmal um die Finanzierung eines Bundestagsabgeordneten – der dann Lobbyarbeit für ein Unternehmen macht. Und da die Parteien
ihre Finanzen selbst kontrollieren dürfen und nicht etwa die Öffentlichkeit (siehe auch
die letzte Ausgabe dieses Newsletters), werden diese weiter eine Black Box sein.
Einen weiteren Unterschied gibt es übrigens zwischen den Fällen Steinmeier und Amthor: Auf meine Anfrage zu den Weingeschenken an den Außenminister und Abgeordneten antwortete die Bundestagsverwaltung, die die Einhaltung der Regeln überwachen soll, sehr ausführlich und mit Bezug auf die von uns aufgedeckten Details.
In Sachen Amthor erhielt Abgeordnetenwatch hingegen die Auskunft, dass die Verwaltung
grundsätzlich zu Einzelfällen keine Stellung nehme.