Der deutsche Staat kämpft bekanntlich kaum gegen Geldwäsche. Er möchte offenbar die 100 Milliarden Euro, die der Geldwäsche-Standort Deutschland jährlich anzieht, nicht missen. Und der Kampf dagegen ist dem Staat zu teuer. Die Beteiligten (insbesondere Bund & Länder) schieben sich gern gegenseitig die Verantwortung zu.
Ich denke, dass sich die Behörden aus einem überholten Obrigkeitsdenken heraus selbst das Leben schwer machen. Sie verhindern, dass die Zivilgesellschaft und die Medien einen Beitrag leisten. Das will ich am Beispiel des Zolls erläutern.
In Südamerika, auch in den USA, gibt es in vielen Ländern Datenbanken, in denen jeder die Bill of Ladings (BoLs, Frachtpapiere) von Exporten und Importen nachschlagen kann. Medien können so selbst für einzelne Container nachschlagen, wer welche Fracht an wen verschifft hat. Das erlaubt es ihnen zum Beispiel, über Kokain-Schmuggel zu recherchieren. Anders als Behörden können sie grenzüberschreitend arbeiten. Sie können die Öffentlichkeit informieren, das Problem zum Thema machen. Das hilft letztlich auch den Behörden, die die Aufgabe haben, den Schmuggel zu verhindern.
In Deutschland ist der Zoll hoffnungslos mit dem Kokainschmuggel über die wichtigen Häfen Hamburg und Bremerhaven überfordert. Doch an einer Öffnung zu Akteuren der Zivilgesellschaft und den Medien besteht kein Interesse. Es war uns bei einer Recherche dazu nicht einmal möglich, sich mit dem Hamburger Zoll zu treffen. Geschweige denn, dass es in Deutschland eine öffentliche Datenbank von BoLs gäbe.
Zurück zur Geldwäsche und jener Behörde, die die Speerspitze im Kampf dagegen sein soll: die FIU. Sie weigert sich, auch nur allgemeine Angaben zur Funktionsweise ihres Filters zu machen, mit dem sie die täglich eintreffenden Geldwäscheverdachtsanzeigen auswertet. Äußern sich Behörden- oder Regierungsvertreter dazu im Parlament, sind die Aussagen mitunter als Verschlusssache eingestuft. Über die Funktionsweise der FIU soll möglichst wenig bekannt werden – damit die Geldwäscher sich nicht darauf einstellen können.
Das hört sich logisch an – hat jedoch einen großen Haken. Denn wie um jede Aufsichtsbehörde hat sich auch rund um die FIU eine Dienstleistungsblase gebildet, in der sich die Betroffenen (vor allem Banken, aber auch alle anderen, die Geldwäsche-Vorschriften beachten müssen) die Informationen über die Arbeitsweise der FIU einkaufen können. Denn wenn zum Beispiel eine Führungskraft von der FIU zu KPMG wechselt (oder andersherum), dann verbreitet sich Wissen und eine solche Beratungsfirma kann dieses verkaufen.
Die FIU geht sogar noch weiter: Sie hat ihre Arbeit im Rahmen einer Public Private Partnership (PPP) bereits dem Privatsektor geöffnet. In der
Anti Financial Crime Alliance (AFCA) sitzen die Geldwäscher – Pardon, die Banken, Immobilien-Firmen und Betreiber von Spielhallen – mit Aufsichtsbehörden an einem Tisch. Heute vor einem Jahr begann der endgültige Kollaps von Wirecard. Ich vermute, dass der Konzern sonst mit von der Partie wäre.
Hier ist mein Vorschlag: Die staatlichen Behörden sollten sich im Kampf gegen Geldwäsche der Zivilgesellschaft öffnen und transparenter werden. Es gibt mehrere wichtige NGOs, die sich etwa gegen die Mafia engagieren oder für eine saubere Bankenwelt. Wenn diese die Arbeitsweise des Staates (es geht nicht um einzelne Fälle) verstehen, können sie dazu beitragen, in der Öffentlichkeit ein Bewusstsein für Geldwäsche zu schaffen. Das hilft dann auch den Behörden, die derzeit überlastet sind.
Mit Zivilgesellschaft meine ich an dieser Stelle nicht die Medien. Dem steht die Gewaltenteilung entgegen. Doch es wäre ein Fortschritt, wenn der Staat wenigstens Respekt vor der Arbeit der Medien hat und ihnen Auskunft erteilt, wo es einen Auskunftsanspruch gibt. Zur Erinnerung: Im Wirecard-Skandal ließen sich Bankenaufsicht Bafin und die Staatsanwaltschaft München vom Konzern instrumentalisieren, um die Glaubwürdigkeit der
Financial Times zu beschädigen.
Sie gingen gegen den Überbringer der schlechten Botschaft vor – anstatt ein wenig Hilfe von außerhalb der Amtsstube anzunehmen.